Der heilige Martinus ist seit dem 17. Jahrhundert der Pfarrpatron unserer Kirchengemeinde. Der Grund für den Wechsel des Patronates auf den heiligen Martin ist nicht bekannt, jedoch hat die Faszination seiner Person und seines Wirkens dabei sicher eine große Rolle gespielt. Martin war in der Lateinischen Kirche der erste, der den Grad der Heiligkeit nicht durch einen heldenhaften Märtyrertod erlangte, sondern durch sein zeugnishaftes Leben. Jedes Jahr um den 11. November herum feiert die Pfarrgemeinde das Patrozinium des heiligen Martin.
Martin wurde um 316/317 in Sabaria im heutigen Ungarn geboren. Er wuchs in Pavia auf, wo sein Vater, ein römischer Militärtribun, seinen Militärdienst verrichtete. Für die Söhne von Berufssoldaten war es zu dieser Zeit selbstverständlich, dass auch sie in die römische Armee eintraten. Martin diente in einer Eliteeinheit, der berittenen kaiserlichen Leibgarde, den „scholares alae“. Während seiner Dienstzeit bereitete sich Martin drei Jahre lang auf die christliche Taufe vor. Er bemühte sich nach Kräften gute Werke zu tun, zugleich war er bei seinen Kameraden wegen seiner Hilfsbereitschaft und Bescheidenheit beliebt. Auch als Soldat war er wohl sehr begabt, wurde er doch nach kurzer Dienstzeit zum Offizier befördert.
Um 334 war der 18-Jährige in Amiens stationiert, einem seit der Zeit Cäsars strategisch wichtigen Ort im römischen Reich. In diese Zeit fällt das wohl entscheidende Ereignis in Martins Leben: An einem kalten Wintertag begegnete Martin einem armen unbekleideten Mann. Martin trug außer seinen Waffen und seinem Militärmantel nichts bei sich. Als der Arme die Vorübergehenden bat, sie möchten sich doch seiner erbarmen und ihm helfen, gingen sie vorüber. Martin aber blieb stehen, denn er fühlte, dass er dem Bettler helfen müsse. Außer seinem Militärmantel hatte er nichts dabei, was er ihm hätte geben können. So fasste er sein Schwert, mit dem er gegürtet war und teilte den Mantel in der Mitte entzwei und gab eine Hälfte dem Armen, mit der anderen bekleidete er sich selbst. Die Umstehenden machten sich über ihn lustig, da ihn der abgerissene Mantel entstellte. Neben dem Spott soll Martin auch noch eine dreitägige Arreststrafe erhalten haben, da er Militäreigentum beschädigt hatte.
In der Nacht, die auf die Mantelteilung folgte, erschien Martin im Traum Jesus Christus mit Martins halben Militärmantel. Dabei sprach Christus zu den ihn umgebenden Engeln „Martinus, der noch nicht getauft ist, hat mich mit diesem Mantel bekleidet!“ In diesem Traum sah der junge Offizier den Auftrag, den Militärdienst zu quittieren und sich in den Dienst Christi zu stellen.
Nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst begab sich Martin nach Poitiers, um Schüler des dortigen Bischofs Hilarius zu werden und die Priesterweihe anzustreben. Dieser hatte sich nach einem längeren Exil, das durch die Verfolgung durch die Arianer notwendig geworden war, in der Nähe von Poitier in Ligugé niedergelassen und ein Kloster gegründet. Martin war ihm bis dorthin gefolgt und wurde bald als Nothelfer und Ratgeber in der gesamten Tourraine bekannt. Nach etwa 10 Jahren klösterlichen Lebens wurde in Tours ein neuer Bischof gesucht. Die Menschen aus der Gegend erkoren Martin zu ihrem Favoriten. Gegen den Widerstand einiger Bischöfe setzte die Bevölkerung Martin als Bischof von Tours durch. Am 4. Juli 372 wurde er zum Bischof geweiht.
Als Bischof lebte Martin die Tugend der Demut und der Bescheidenheit, als bischöfliche Residenz wählte er eine Klosterzelle. Die Ausrichtung seines Klosters, in dem Askese, kulturelles Engagement und weltzugewandte Missionstätigkeit eine Rolle spielten, prägte über Jahrhunderte die abendländischen Klöster. Seelsorge vor Ort, Missionsreisen und die Auseinandersetzung mit den heidnischen Kultstätten waren zentrale Elemente seines religiösen Wirkens. Martin starb auf einer seiner Seelsorgereisen am 8. November 397, im Alter von 81 Jahren. Er wurde am 11. November in Tours unter ungeheurer Beteiligung der Bevölkerung beigesetzt.
Zahlreiche Legenden und Brauchtümer ranken sich um den heiligen Martin. Inhaltlich ist eigentlich nur die Mantelteilung damit verbunden, aber aufgrund der gewaltigen Popularität von Martin als „bischöflicher Prototyp“ und seines Engagements für die Menschen wurden zahlreiche Bräuche auf ihn bezogen bzw. mit seinem Namen in Verbindung gebracht.
Wer mehr über Martin, die Legenden zu seinem Leben und die Bräuche erfahren möchte, sei auf folgende Quellen verwiesen:
- Becker-Huberti, Manfred: 1600 Jahre Verehrung des heiligen Martin von Tours. Geschichte – Legenden – Sankt Martin-Lexikon, PEK Skript, Köln 1996
- Becker-Huberti, Manfred: Feiern, Feste, Jahreszeiten. Lebendige Bräuche im ganzen Jahr. Geschichte und Geschichten, Bilder und Legenden. Freiburg 2001, 25-41
- Martin von Tours