Pfarrkirche St. Mariä Heimsuchung – Mülldorf
Adresse: Gottfried-Salz Straße 14, 53757 Sankt Augustin-Mülldorf (Link auf Google-Map und Routenplaner)
Vorgeschichte
Der Ort Mülldorf, erstmals 1064 unter den Namen Mulindorf oder Mölendorp erwähnt, erhielt seinen Namen von der Wassermühle am linken Siegufer. Besagte Mühle errichteten die Benediktinermönche der Siegburger Abtei Michaelsberg, um einen Teil ihres Unterhaltes zu bestreiten. Nicht weit von der Mühle entfernt stand der Fronhof, an welchem um 1582 eine Kapelle gestanden haben soll. Dagegen berichtet die Chronik, dass eine alte Kapelle – die erste nachweisbare – bei einem Hochwasser der Sieg zerstört worden sei. Dies geschah 1635, zur Zeit des 30-jährigen Krieges. […] Bis 1919 gehörte Mülldorf kirchlich zu Niederpleis. Die Sonntags- und Schulgottesdienste fanden aber in der Mülldorfer Kapelle statt. Zur Taufe-, Erstkommunion etc. mussten die Mülldorfer zur Niederpleiser Pfarrkirche St. Martinus. Am 1. April 1920 wurde das Mülldorfer Rektorat durch den neu eingesetzten Kölner Erzbischof Kardinal Joseph Schulte zur selbständigen Pfarre erhoben. Nachdem die alte Kapelle auf dem heutigen Kapellenplatz schon dreimal erneuert worden war und sie auch der ständig wachsenden Bevölkerung nicht mehr gerecht wurde, entschloss man sich zu einem größeren Neubau. Mit Pfarrer Gottfried Salz hatte man ab 1936 einen tatkräftigen Bauherrn. […]
Der Kirchbau
[…] Zwei Monate nach dem ersten Spatenstich, am 22. Mai 1938, wurde bereits im Beisein von Dechant Wilhelm Heppekausen und dem Siegburger Abt Ildefons Schulte-Strathaus der Grundstein zur neuen Marienkirche gelegt Anfang Oktober trafen drei Glocken aus Bronze für die neue Kirche auf dem Siegburger Güterbahnhof ein. […] Bemerkenswert ist, dass nach einer kurzen Bauzeit von neun Monaten die Kirche am 4. Adventsonntag bei strenger Winterkälte von minus 21 Grad am 18. Dezember 1938 eingeweiht wurde. Weihbischof Dr. Wilhelm Stockums aus Köln nahm die feierliche Konsekration vor. Weihnachten war dann die erste Messfeier im neuen Gotteshaus. […]
Architektur – Gestaltung
Der Sakralbau wendet seine eindrückliche, an romanische Werke erinnernde Turmfassade nach Nordosten. Der gedrungene Turm mit Walmdach und darunter leicht vorkragendem, hölzernem SchalllamelIenvorbau wird seitlich von zwei wenig vor der Turmfassade vorspringenden Querbauten unter querliegenden Satteldächern begleitet. Dem unteren Fassadenbereich ist ein flachgedecktes Portal vorgesetzt, dass seitlich je ein sowie an der Front drei Portale besitzt. Das Hauptportal kann über eine vierstufige Freitreppe bzw. eine Rampe betreten werden. Oberhalb des Portals ist eine mit reduzierten Werksteingliederungen gearbeitete Fensterrosette eingefügt, darüber ziert ein schlichtes, für die Fassadengliederung sehr bedeutsames Sgraffito der Heimsuchung Mariens die weiße Putzfassade. […] Der aus Ziegelstein errichtete Kirchenbau zeigte zunächst schlichtes Backsteinmauerwerk und konnte erst 1955 mit einem hellen Außenputz versehen werden. Die Gebäudeecken sind mit einer unregelmäßigen, mannshohen Eckquaderung aus hammerrechten Bruchstein, der gesamte Bau mit einem Bruchsteinsockel versehen. […] Der Fußboden im gesamten Raum wurde 1983 neu mit Platten aus Weidenhahner Trachyt verlegt, die aus den Steinbrüchen der Firma Bell in Selters im Westerwald stammen. Die Prinzipalen und auch die älteren Seitenaltäre sind einheitlich aus Trachyt gearbeitet, der sich jedoch besonders im Vergleich zu den älteren dunklen Holzskulpturen nur schwach von Boden und Wänden abhebt.
Ausstattung
Altar und Ambo wurden 1976 durch den Bonner Architekten Peter Martini in sehr schlichter Form neu entworfen und vom Siegburger Benediktinerabt Dr. Placidus Mittler am 6. November 1976 konsekriert. 1983 wurde der Altar von dem Bildhauer Hans Rams aus Niederbreitbach/Wied bildhauerisch überarbeitet. Der Altar – Symbol Christi – war, ist und bleibt die Mitte. Maßgeblich für die sanfte Umgestaltung der Innenkirche war der damalige Pfarrer Monsignore Josef Schlemmer. Der Altarstipes (Unterbau) ist ein großer Tuffsteinblock, der die allseitig überstehende Tuffsteintisch platte trägt. In der Vorderseite ist das Motiv einer Quelle eingetieft, deren kräftiger Strahl herabströmt und den Stipes im unteren Bereich umfließt. Er ist bildhauerisch mit dem Motiv „Quell lebendigen Wassers“ versehen.
Der Tabernakel erhielt den ihm angemessenen Platz unter dem Kreuz. So wurde die Einheit zwischen Kreuz, Altar und Tabernakel hergestellt. Die Bronzetüre des Tabernakels, Entwurf Kruthoff/Gelsenkirchen, symbolisiert mit Dornen und leuchtenden emaillierten Flammen den brennenden Dornbusch. […]
An der Chorwand hängt eine mächtige hölzerne Kreuzigungsgruppe. Der Corpus ist 2,38 m hoch (Otto Schörghofer, Siegburg 1941) und von starker Körperlichkeit, die durch einen glänzenden Firnis noch gesteigert wird. Das Kreuz ist 2,5 Zentner schwer. Die Assistenzfiguren Maria und Johannes wurden von Karl Strombach aus Menden 1956 hinzugefügt. […] Otto Schörghofer schuf 1939 die Skulptur des hl. Josef am rechten Seitenaltar, die gestalterisch entsprechende Marienfigur auf dem linken Seitenaltar wurde 1955 aufgestellt. Einige der im Langhaus aufgestellten Figuren sind ebenfalls Werke von Otto Schörghofer, die Skulpturen des Barock und Rokoko stammen aus dem Missionspriesterseminar St. Augustin. Die geschnitzten Kreuzwegstationen in den Nischen wurden zwischen 1943 und 1949 von Karl Strombach, Menden, gearbeitet (wurden 2024 durch schlichte Holzkreuze ersetzt – Erläuterungen hierzu folgen). Die Fenster stammen überwiegend aus der Erbauungszeit. Die kleinen Rundfenster der seitlichen Nischen, das Fenster der Marienkapelle am Portal und die Fenster in der Sakristei und im Chornebenraum sind mit schichtgeometrischen, ansprechenden Verglasungen gefüllt sowie in den Nischenfenstern ornamentiert. Die Obergadenfenster beruhen auf Entwürfen von Rudolf Krumkamp aus Essen; auf der linken Seite befinden sich die Geheimnisse des freudenreichen Rosenkranzes (1938), auf der rechten Seite Bildnisse des glorreichen Rosenkranzes (erst 1953 eingesetzt). Vier Fenster auf der linken Seite wurden 1942 durch Bomben zerstört und bei der Fa. Derix dann neu beschafft, während die übrigen Fenster der rechten Seite von der Firma Mulders aus Kevelaer stammen. Die beiden runden Chorfenster mit lichteren Pastelltönen wurden 1959 eingesetzt. Eindrucksvoll ist schließlich auch das Fenster der großen Rosette im Turm. Die Orgel nimmt mit dem seitlich aufgestellten Prospekt Rücksicht auf das Fenster. Sie ist ein 1962 eingeweihtes Instrument der Firma Anton Feith in Paderborn. […]
Passend zu der Behinderteneingangstüre wurde 1988 ein neues Hauptportal von Rams geschaffen, das im Mittelbild den auferstandenen Christus zeigt, zu dem die Menschen der Gemeinde von unten her strömen und durch ihn zur Gemeinschaft der Heiligen gelangen. Wenn wir die Kirche verlassen, fällt unser Blick auf die Innenseite des Portals, wo die seit dem Mittelalter so bezeichneten vierzehn geistigen und leiblichen Werke der Barmherzigkeit künstlerisch dargestellt sind. Ferner wurde 1995 in den Eingangsbereich des Gotteshauses von Rams eine Bronzestele aufgesteIlt, die Maria mit ihrer Cousine Elisabeth zeigt und von unten nach oben das „Magnificat“, den Lobpreis Mariens, zu lesen ist. […]
Auszüge aus: 75 Jahre Kirche St. Mariä Heimsuchung Sankt Augustin-Mülldorf 1938-2013, hrsg. Von Hans Lahr