
Eine genaue geschichtliche Datierung der Kirche St. Martinus in Niederpleis ist historisch nicht eindeutig nachzuweisen. Aus den Quellen ist jedoch bekannt, dass die Kirche ähnlich wie andere merowingische Kirchen das Patronat des Hl. Georg hatte und vermutlich schon vor 700 gegründet wurde. Aus dem Archiv der Benediktinerabtei St. Michael in Siegburg stammen die ersten schriftlichen Quellen, die die Pfarre erwähnen, aus dem 11. Jahrhundert. Zu der ersten Steinkirche, die wohl im 9. Jahrhundert erbaut wurde, kam im 12. Jahrhundert ein Turm hinzu, dessen zwei untere Geschosse im 17. Jahrhundert um ein Obergeschoss und einen Turmhelm erweitert wurden. Von der ursprünglichen Kirche ist noch der romanische Taufstein aus Trachyt erhalten. Er stammt ebenso wie die Handweihwasserbecken aus dem 11. bis 12. Jahrhundert. Der Taufstein weist mit seinem großen weiten Taufbecken, über den sich ein Täufling ganz hinüber beugen kann, darauf hin, dass hier vermutlich in fränkischer Zeit Erwachsenentaufen stattfanden. Der dicke Wulst als obere Begrenzung sollte Schutz vor Dämonen bieten.
Bis ins 17. Jahrhundert hin galt das Patronat des heiligen Georg. Ab 1689 wird jedoch das Patronat des Heiligen Martinus aufgeführt. Über die genaue Ursache des Wechsels ist nichts bekannt. 1821/22 wurde die alte Kirche wegen Baufälligkeit in Stand gesetzt. Zwischen 1822 und 1824 wurde der dritte Kirchbau ausgeführt, der sich jedoch in den folgenden Jahrzehnten als nicht ausreichend für die wachsende Gemeinde erwies und durch zahlreiche Bauschäden und Blitzeinschläge erneuerungsbedürftig war.
Seit der Säkularisation von 1803 gehörte die Kirche dem Staat und konnte somit nicht einfach erweitert und erneuert werden. Nach zähen Verhandlungen erwarb die Gemeinde 1906 den Turm und 1907 das alte Kirchengebäude. 1906 wurde der Grundstein für den Erweiterungsbau gelegt, der dann 1908 fertig gestellt werden konnte. Der Grundstein ist heute noch im Chorraum hinter dem Hochaltar zu sehen. Die Kirche wurde grundlegend umgestaltet, das Langschiff nach Osten verlängert und der Innenraum durch Einfügen eines Querschiffes vergrößert. Der Turm erhielt durch Aufsetzen von Dreiecksgiebeln eine größere Höhe. Der vierte Kirchbau stellt auch den heutigen Stand dar.
Die Glocken der Kirche stammen aus den Jahren 1838 (Martinus-Glocke, Ton g’, Durchmesser 1011 mm, Gewicht 600 kg), 1880 (Marienglocke, Ton f’, Durchmesser 1182 mm, Gewicht 900 kg), 1955 (Antonius-, Georg- und Martinus-Glocke, Ton a’, Durchmesser 923 mm, Gewicht 420 kg) und 1978 (Franziskus-Glocke, Ton d’, Durchmesser 1385 mm, Gewicht 1659 kg). Die Orgel erbaute die Firma Klais aus Bonn im Jahr 1967. Sie hat 22 Register und verfügt über 1611 Pfeifen.
Einige der Figuren in unserer Pfarrkirche sind historisch bedeutsam: Im rechten Seitenschiff sehen Sie über den Beichtstühlen eine Pieta aus Eichenholz, die aus dem 14. Jahrhundert stammt. Die Kreuzigungsgruppe (ebenfalls im rechten Seitenschiff), die früher auf dem Friedhof stand, wurde 1820 von einem Pfarrer gestiftet. Die Figuren Petrus und Paulus am Triumphbogen des Chorraumes stammen aus den Anfangsjahren dieses Jahrhunderts. Sehenswert ist die neugotische Bilderwand des Hochaltars, auf der bei aufgeklapptem Altar von links nach rechts folgende Szenen aus dem Leben Jesu zu erkennen sind: Fußwaschung – letztes Abendmahl – Hochzeit zu Kana – Wunderbare Brotvermehrung. Bei geschlossenen Altarflügeln sind Szenen aus dem Leben des heiligen Martin zu sehen (Mantelteilung und Tod des Heiligen).
Besondere Aufmerksamkeit erhielt die Kirche durch den Bau der ICE-Neubaustrecke Köln-Frankfurt, denn der Siegauentunnel liegt in unmittelbarer Nähe zur Kirche. Bauschäden und Pannen brachten die Kirche mehrfach in die Tagespresse.